Welchen Sinn hat ein staatlich verordnetes Musik- und Tanzverbot an bestimmten Tagen? Richtig: Keinen!
Die Trennung zwischen Staat und religiösen Organisationen ist ein Muss, wenn wir unsere freiheitlichen Grundrechte dauerhaft sichern möchten. Leider gelingt das in Deutschland nicht:
In vielen Gerichtssälen verunstalten christliche Kreuze die Wände, Religionsunterricht ist Teil des Lehrplans staatlicher Schulen und Finanzbehörden agieren als willfährige Helfer beim Eintreiben der Kirchensteuer. Nur um drei Beispiele zu nennen.
Ach eines noch: Vergessen wir bitte nicht die euphemistisch genannten „Staatsleistungen“ – allein im Jahr 2022 zahlten alle deutschen Steuerzahler über 600 Millionen Euro an die christlichen Kirchen – für ein fragwürdiges Gesetz, das auf das Jahr 1803 zurückgeht!
Die Kirche befiehlt, der Staat führt aus…
Und dann gibt es diese absolute Unsitte der „stillen Feiertage“: Eine von der christlichen Kirche dem Staat befohlene Bevormundung seiner Bürger, doch bitteschön an deren hohen Märchentagen Feiertagen den Menschen Spaß und Tanz zu verbieten.
Natürlich macht der Staat mit, man will es sich mit „der“ Kirche ja nicht verscherzen. „Staat“ in diesem Sinn meint übrigens das jeweilige Bundesland, denn die konkrete Ausgestaltung der Regelungen hinsichtlich Feiertage sind in Deutschland Sache der einzelnen Länder.
Das Feiertagsgesetz und damit einhergehend das allgemeine Tanzverbot ist ein Instrument der religiös motivierten Kontrolle von Menschen und hat in einer Demokratie nichts zu suchen. Sorry, diplomatischere Worte fallen mir dafür nicht ein.
Tipp: Alternative Feiertage einführen!
Das bedeutet natürlich nicht, gesetzliche Feiertage völlig abzuschaffen, sondern grundsätzlich erst einmal nur das Streichen von Tanzverboten. Aber weil wir schon beim Thema sind:
Ein säkularer Staat sollte darüber nachdenken, religiöse Feiertage entweder umzubenennen oder (besser) anstelle dieser neutrale Feiertage einzuführen. Möglichkeiten gäbe es doch viele:
- Neujahr am 1. Januar
- Frauentag am 8. März
- Tag der Arbeit am 1. Mai
- Tag der Befreiung am 8. Mai
- Europatag am 9. Mai
- Tag der Wissenschaft und Aufklärung am 21. Juni
- Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober
- Tag der deutschen Geschichte am 9. November
- Internationaler Männertag am 19. November
- Tag der Menschenrechte am 10. Dezember
Und einige populäre religiöse Feiertage könnte man umbenennen:
- Frühlingstage (vormals Karfreitag, Ostersonntag, Ostermontag): verlängertes Wochenende nach dem ersten Vollmond des Frühjahrsanfangs
- Familienfest (vormals Weihnachten): 25., 26. und 27. Dezember
Man sieht, Gelegenheiten für alternative Feiertage lassen sich definitiv finden und decken ein viel größeres Spektrum der Menschen ab als die rituellen Feste einer einzigen Religion.
Bundesverfassungsgericht zum Thema „Stille Tage“
Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 darf trotz Musik- und Tanzverbot an den sogenannten „Stillen Tagen“ gefeiert werden.
Hier entschieden die Richter nach einer Verfassungsbeschwerde des bfg München (Bund für Geistesfreiheit), dass Artikel 5 des Bayerischen Feiertagsgesetzes nicht mit der Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit vereinbar ist:
Seit diesem Zeitpunkt müssen zuständige Behörden Ausnahmegenehmigungen erteilen, wenn durch geplante Veranstaltungen eine weltanschauliche Abgrenzung gegenüber christlichen Glaubensbekenntnissen demonstriert werden soll.
Tanzen gegen religiöse Bevormundung! Immerhin ein Anfang. 🕺💃
Stille Tage – was soll das überhaupt?
Mir stellt sich die Frage nach dem Sinn eines Musik- und Tanzverbots an bestimmten Tagen. Warum hat eine Religion etwas dagegen, dass Nicht-Anhänger Partys veranstalten?
Ist deren Gott ein griesgrämiger Tanzmuffel und mag es nicht, wenn Menschen Spaß haben und feiern? Fühlt man sich als Christ anderen gegenüber erhaben, wenn man ihnen vorschreiben kann, was sie tun und lassen dürfen?
Die Antwort ist simpel: Es geht hier ganz einfach um die Machtdemonstration einer ehemals auch in weltlichen Belangen großen Glaubensorganisation. Nicht mehr und nicht weniger.
Zeit, dass wir uns dagegen wehren und den Religionen ihren einzig möglichen Platz weisen – bei den Gläubigen zu Hause in deren eigenen vier Wänden!
Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: April 2024