Sollte man alten Krempel einfach wegwerfen oder doch Zeit und Mühe in eine digitale Kleinanzeige für den Verkauf investieren, nur um am Ende mit „eigenwilligen“ Interessenten zähe Verhandlungen zu führen? Nach meinem letzten Erlebnis bin ich mir (fast) sicher: Wech damit!
Was tun, wenn es an der Zeit ist, den Keller aufzuräumen, man aber nicht den Drang verspürt, sich selbst durch das Chaos zu wühlen? Richtig, es wird ein Freund um Unterstützung gebeten, der hoffentlich Zeit und Lust hat. In diesem Fall traf es mich.
Und weil ich ein netter Tobias bin, dem neben seinem Lieblingsgetränk in ausreichender Menge (Cola light!) versprochen wurde, alles Brauchbare behalten zu dürfen, habe ich mich überreden lassen.
Also wurde gemeinsam „Klar Keller!“ gemacht und ich achtete penibel darauf, dass dies auch mit Nachdruck geschieht. Jeder Versuch einer Diskussion, ob man dies nicht doch noch mal brauchen könne, wurde von mir im Keim erstickt, indem ich den betreffenden Gegenstand sofort aus dem Blickfeld seines ehemaligen Eigentümers schaffte.
Der geübte Aufräumer weiß nämlich, dass eine tiefgehende Erörterung der „Behalten wir das?“-Frage oft mehr Zeit in Anspruch nimmt als das eigentliche Entrümpeln.
Hin und wieder tauchten allerdings richtige Schätzchen auf, für die es zwar keine Verwendung mehr gab, welche aber tatsächlich zu schade zum Wegwerfen wären – und deren weitere Verwertung mir zustand. So ein besonderes Stück – eine kaum gebrauchte Mikrowelle mit Grillfunktion.
Dieses Gerät war ursprünglich für ein zu vermietendes, möbliertes Appartement gedacht. Dort passte sie allerdings nicht in die vorhandene Küche, sondern stand ungefähr ein halbes Jahr im Esszimmer auf einem kleinen Sideboard.
Und hier setzte sie dann ordentlich Staub an. Offenbar konnte sich kein Mieter mit der Idee der Nahrungszubereitung im Essbereich der Wohnung anfreunden, wenn keine zehn Meter entfernt eine voll ausgestattete Einbauküche mit Dunstabzug lockte.
Nachdem also dieses Experiment scheiterte, zog die Mikrowelle in den Keller und wartete nun mehrere Jahre darauf, wieder ihrer ursprünglichen Tätigkeit nachgehen zu dürfen (beziehungsweise überhaupt einmal selbiges zu tun).
Okay. Lange Rede, kurzer Sinn. Ich fasse nochmal zusammen: Keller aufräumen, Mikrowelle gefunden, fast neu. Meine. Was tun?
Richtig. Verkaufen oder selbst nutzen. Da ich bereits stolzer Besitzer einer Mikrowelle mit Grill, Heißluft und künstlicher Intelligenz bin, hatte ich definitiv keine Verwendung für dieses doch eher funktional einfach gehaltene Küchengerät.
Also beauftragte ich ein großes Kleinanzeigenportal im weltweiten Internet mit dem Verkauf. Vorher musste natürlich ein professionelles Fotoshooting stattfinden, gefolgt von einer kleinen literarischen Kür in Form einer ansprechenden, verkaufsfördernden, mitreißenden, nobelpreisverdächtig verfassten Produktbeschreibung.
Blieb noch die Frage der Preisfindung, aber das sollte für einen in der freien Wirtschaft selbständig Werktätigen ja auch kein Problem sein:
Damals neu gekauft lag das Gerät bei gut 120 €. Ohne Verpackung und Anleitung, dafür aber auch ohne Gebrauchsspuren, habe ich einen Festpreis in Höhe von 50 € angesetzt. Bar bei Abholung, kein Versand, keine Haftung, et cetera.
Nun guckte ich stündlich erwartungsvoll in meinen digitalen Briefkasten.
Das erste Angebot lies nicht lange auf sich warten und ich zitiere wörtlich (der Hinweis ist wichtig, weil man mir sonst latenten Rassismus vorwerfen könnte):
»Ich dir abkaufen für 20 Euros.«
Meine Antwort darauf, der leider keine Reaktion mehr folge:
»Du netter Mann. Ich Dir verkaufen für 1.000 Euro.«
Okay, irgendeinen Spaßvogel muss es ja geben. Das nächste Angebot wird hoffentlich seriöser. Ja, von wegen. Schlimmer geht immer.
»Die Lieferung ist aber inklusive, oder? Und weil die Anleitung fehlt, müssten wir nochmal über den Preis reden.«
Hallo! Mikrowelle fast N-E-U! Anleitung? Keine Raketenwissenschaft! 50 €! Nix da. Unkommentiert ab in den Papierkorb.
Einige weitere Angebote dieser Art schlug ich mit einem freundlichen, aber bestimmten
»Nein! Wenn Du was billiger willst, geh klauen!«
aus. War das zu hart? Ich glaube nicht.
Zwei Tage später erhielt ich die Nachricht eines Herren, der großes Interesse zeigte. Ich bot ihm an, die Mikrowelle gegen 15 Uhr doch direkt bei mir abzuholen. Leider ginge das nicht, da er heute Nachtschicht arbeiten müsse. Oookayyy… mir erschloss sich zwar der zeitliche Zusammenhang nicht, aber ich wollte anderer Leute Tagesablauf auch nicht infrage stellen.
„Nachtschicht“ klang für mich so, dass seine Arbeitszeit frühmorgens enden würde. Also machte ich den Vorschlag, er könne gerne bereits um 7 Uhr oder 8 Uhr vorbeikommen.
Seine Antwort »Da schlafe ich aber!« wirkte auf mich derart ermüdend, dass ich nicht mehr imstande war, auf weitere Nachrichten zu reagieren (die er offenbar während seiner Schlafenszeit verfasste). Vielleicht hätte ich zum Wunschtermin liefern sollen, kostenlos und frei Verwendungsort versteht sich.
Schlußendlich erwarb die Mikrowelle ein netter Herr aus Syrien (ein Asylsuchender, wie ich erfuhr), der zusammen mit seiner deutschsprachigen Begleitung das Gerät zuverlässig zum vereinbarten Preis und einer von mir vorgeschlagenen Zeit abholte.
Und der sich vor allen Dingen über das Schnäppchen freute, was mich wiederum gefreut hat.
Jetzt mal ehrlich. Ich handle ja auch gerne und versuche, wo es möglich ist, den Preis für eine zu kaufende Ware zu drücken.
Aber ein beinahe nagelneues Elektrogerät für nichtmal die Hälfte des Neupreises ist meiner Meinung nach ein fairer Deal. Und den sollte man annehmen oder es sein lassen. Oder zumindest clever handeln und nicht derart dümmliche Versuche starten, wie ich sie lesen musste.
Nun war diese Kleinanzeige als eine Art Testlauf gedacht. In eingangs beschriebenem Keller stehen noch ein paar andere Dinge, die ich ungern wegwerfen, dafür gerne verkaufen würde.
Allerdings bin ich nach diesem schwierigen Start wirklich am Überlegen, ob es Sinn macht, Zeit und Mühe in die Erstellung einer Kleinanzeige zu stecken, wenn am Ende nicht wirklich etwas bei rum kommt. Vielleicht ist Wegwerfen doch effizienter?
Oder ich werde das nächste Mal die Bitte um Hilfe beim Entrümpeln einfach ausschlagen! Soll sich der Eigentümer selbst um die Verwertung seines nicht mehr gebrauchten Hausrats kümmern.
Autor: Tobias Eichner | Datum der Veröffentlichung: März 2024